Goëtie ist eine Bezeichnung für magische Praktiken, die als unnatürlich, verboten oder teuflisch angesehen und der Theurgie gegenübergestellt werden.[1] Der Begriff ist insbesondere im Zusammenhang mit der Schrift Ars Goetia bekannt.
Der Begriff wird für Dämonenbeschwörung und als besonders verwerflich angesehene Magie angewandt,[1][2] wird jedoch unterschiedlich definiert: Hans Biedermann zufolge bezeichnet er „vorwiegend die Nekromantie oder Totenbeschwörung, daneben auch im allgemeineren Sinne die Beschwörung dämonischer Wesen mit Hilfe ‚blasphemischer‘ Riten“,[1] während Heinrich Cornelius Agrippa von Nettesheim die Zeremonialmagie in Goëtie und Nekromantie untergliedert[3] und A. Debay Goëtie und schwarze Magie gleichsetzt.[4] Georg Pictorius ordnet der Goëtie wiederum unter anderem die Totenbeschwörung, die Anthropomantie, bei der die Zukunft aus den Eingeweiden geopferter Menschen gelesen wird, die Leconomantie (Bezwingen eines Dämons mit exorziertem Wasser) und „Weissagung aus dem Beben, Senken oder Klaffen der Erde“ (Geomantie), dem Feuer (Pyromantie), der Luft (Aeromantie), den Linien der Hand (Chiromantie) oder dem Flug der Vögel (Auspizien) zu.[5]
Die Neuplatoniker legten großen Wert auf die Trennung zwischen Theurgie und Goëtie;[6] Iamblichos von Chalkis betonte, man solle „keineswegs die durch die goetischen Techniken hervorgebrachten Trugbilder mit der überaus klaren Schau der Götter“ verwechseln.[7] Während die Theurgie mit guten Geistwesen arbeitet,[1] werden bei der Goëtie böse Geister beschworen;[1][8] die Theurgie wird dabei als höhere und die Goëtie als niedere Form der Magie bewertet.[9]
Gegner der Magie, wie Augustinus von Hippo, neigen jedoch dazu, beide gleichermaßen zu verteufeln, da sie „beide in die betrügerischen Gebräuche der fälschlich Engel genannten Dämonen verstrickt“[10] seien; für sie unterscheiden sich Theurgie und Goetie nur durch ihre Benennung.[11]
Einzelnachweise
↑ abcde Hans Biedermann (Hrsg.): Goëtie. In: Handlexikon der magischen Künste. Von der Spätantike bis zum 19. Jahrhundert. 2., verbesserte und wesentlich vermehrte Auflage. Akademische Druck- u. Verlagsanstalt, Graz 1973, ISBN 3-201-00844-3, S. 203.
↑ Jerome Alley: Vindiciae Christianæ: A Comparative Estimate of the Genius and Temper of the Greek, the Roman, the Hindu, the Mahometan, and the Christian Religions. T. Cadell, London 1826, S. 661 (eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche, abgerufen am 18. Mai 2012).
↑ Agrippa von Nettesheim: Über die Fragwürdigkeit, ja Nichtigkeit der Wissenschaften, Künste und Gewerbe. Akademie Verlag, Berlin 1993 (Originaltitel: De incertitude et vanitate scientiarum, übersetzt von Gerhard Güpner), ISBN 3-05-001930-1, S. 90 (eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche, abgerufen am 18. Mai 2012).
↑ A. Debay: Histoire des sciences occultes. Depuis l’antiquité jusqu’a nos jours. 2 Auflage. E. Dentu, Paris 1869, S. 30 (eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
↑ Georg Pictor: Von den Gattungen der Ceremonial - Magie , welche man Goetie nennt. In: J. Scheible (Hrsg.): Das Kloster. Weltlich und geistlich. Meist aus der ältern deutschen Volks-, Wunder-, Curiositäten-, und vorzugsweise komischen Literatur. Zur Kultur- und Sittengeschichte in Wort und Bild. 3, Stuttgart/ Leipzig 1846, S. 615-626 (eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche, abgerufen am 18. Mai 2012).
↑ Karl Prümm S.J.: Religionsgeschichtliches Handbuch für den Raum der altchristlichen Umwelt. Hellenistisch-römische Geistesströmungen und Kulte mit Beachtung des Eigenlebens der Provinzen. Päpstliches Bibelinstitut, Rom 1954, S. 378 (eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche, abgerufen am 18. Mai 2012).
↑ Peter Busch: Das Testament Salomos. Die älteste christliche Dämonologie, kommentiert und in deutscher Erstübersetzung. Walter de Gruyter, Berlin 2006, ISBN 978-3-11-018528-7, S. 206 (eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche, abgerufen am 18. Mai 2012).
↑ Karl Prümm S.J.: Religionsgeschichtliches Handbuch für den Raum der altchristlichen Umwelt. Hellenistisch-römische Geistesströmungen und Kulte mit Beachtung des Eigenlebens der Provinzen. Päpstliches Bibelinstitut, Rom 1954, S. 95 (eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche, abgerufen am 18. Mai 2012).
↑ Karl Prümm S.J.: Religionsgeschichtliches Handbuch für den Raum der altchristlichen Umwelt. Hellenistisch-römische Geistesströmungen und Kulte mit Beachtung des Eigenlebens der Provinzen. Päpstliches Bibelinstitut, Rom 1954, S. 381 (Anastatischer Neudruck, eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche, abgerufen am 18. Mai 2012).
↑ Bernd-Christian Otto: Magie. Rezeptions- und diskursgeschichtliche Analysen von der Antike bis zur Neuzeit (= Religionsgeschichtliche Versuche und Vorarbeiten. 57). Walter de Gruyter, Berlin/ New York 2011, ISBN 978-3-11-025420-4, ISSN 0939-2580, S. 331 (eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche, abgerufen am 18. Mai 2012).
↑ Wilhelm Gottlieb Soldan: Geschichte der Hexenprocesse. Aus den Quellen dargestellt. Verlag der J. G. Cotta’schen Buchhandlung, Stuttgart/ Tübingen 1843, S. 62f., 167 (eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche, abgerufen am 18. Mai 2012).