Thema: Die Kabbalah erklärt Di Okt 30, 2012 1:25 am
Die Kabbala (auch Kabbalah) ist eine mystische Tradition des Judentums. Sie steht in einer jahrhundertelangen mündlichen Überlieferung, deren Wurzeln sich in der Tora, der Heiligen Schrift des Judentums, finden. Des Weiteren gibt es eine reichhaltige schriftliche Überlieferung. Als bedeutendstes Schriftwerk der Kabbala gilt der Zohar.
Die schriftliche Überlieferung und Produktion der Kabbala enthält auch gnostische, neuplatonische und christliche Elemente. Seit Pico della Mirandola (15. Jahrhundert) wird die Kabbala auch in nichtjüdischen Kreisen fortgeführt (vgl. Christliche Kabbala, Hermetische Kabbala).
Die Basis kabbalistischer Traditionen ist die Suche nach der Erfahrung einer unmittelbaren Beziehung zu Gott. Es gibt verschiedene kabbalistische Schriften und Schulen, aber keine Dogmatik oder abprüfbaren Lehrinhalt, also keine allgemeingültige kabbalistische Lehre.
[Sie müssen registriert oder eingeloggt sein, um das Bild sehen zu können.]Baum der Sephiroth
Entsprechungen von Oben und Unten: Nach kabbalistischer Ansicht hat Gott alles, was er im Universum geschaffen hat, auch am Menschen geschaffen. Hieraus ergibt sich ein Weltbild der wechselseitigen Entsprechungen von Oben und Unten. Hierin wird der kabbalistische Grundgedanke von Mikro- und Makrokosmos deutlich. Die ganze „untere“ Welt wurde demnach nach dem Vorbild der „oberen“ gemacht und jeder Mensch an sich ist ein Universum im Kleinen. Der körperlichen Gestalt des Menschen kommt hierbei eine universelle Bedeutung zu, denn Gott selbst wird in der Tradition der jüdischen Mystik mit letzter Konsequenz anthropomorph gedacht. Die Vollkommenheit des göttlichen Makrokosmos personifiziert sich hierbei im Menschen, welcher als Mikrokosmos zwar unvollkommen, aber dennoch ein Abbild des himmlischen Urmenschen Adam Qadmon darstellt. Gott als das Grenzenlose und Ewige benötigt das von ihm geschaffene Mittlerwesen des Menschen, um durch die 'zehn geistigen Kräfte' (Sephiroth) seine göttliche Allmacht wirken zu lassen.
Der Weltenbaum: Die zehn Sephiroth sind die göttlichen Urpotenzen, welche in der Form des kabbalistischen Weltenbaumes alle Ebenen des Seins durchragen. Dieser Weltenbaum mit dem darin verbundenen Menschen stellt den verkörperten Organismus des Universums dar. Diese elementare Verflechtung des Menschen in ein göttliches Universalsystem verdeutlicht nach kabbalistischer Ansicht auch das gegenseitige Beeinflussungspotential der göttlichen und der menschlichen Ebene. – Der Mensch steht unter dem ganzheitlichen Einfluss universaler Kräfte, kann diese aber seinerseits beeinflussen. Beispielhaft hierfür ist die kabbalistische Wortmagie, in welcher das Aussprechen von Worten eine unmittelbare Einflussnahme auf das damit Bezeichnete nach sich ziehen soll.
Überwindung des gewohnten Alltags-Ich: Wie häufiger in der Mystik geht es dabei um den bewussten und selbst gesteuerten Übergang in eine Ekstase, also um einen Weg, über das gewohnte Alltags-Ich hinauszugehen, dessen Beschränkungen zu transzendieren. Dazu gibt es verschiedene Techniken, die sich als Geheimlehren, die studiert und erfahren werden, überliefern. Diese initiatische Erfahrung vermittelte sich anfänglich in einer zunächst rein mündlichen, später schriftlichen Überlieferung. In der Kabbala wird auch heute noch die Beziehung zwischen Lehrer und Schüler als wesentlich gesehen. Kabbalistische Erfahrung soll die Grenze zwischen Subjekt und Objekt aufheben können. Ein Kabbalist durchbricht demnach eine Mauer „härter als ein Diamant“ und erfährt die All-Einheit.
Stufen der Weisheit: Nach jüdischer Tradition gelangten nur vier Weise zu Lebzeiten ins Paradies und von diesen kehrte allein Rabbi Akiba unversehrt zurück. Den meisten gelingen nur ein paar Tritte auf der Himmelsleiter oder das Öffnen einiger weniger Tore. Jedoch behalten, so die kabbalistische Lehre, alle Suchenden und Lernenden ihre besonderen erlangten Fähigkeiten und sollen sie nach außerbiblischer Tradition sogar vererben können (deuterokanonisches Buch Jesus Sirach 4,16). So soll der Segen – Bəracha ברכה entstehen.
Theoretische Kabbala und Praktische Kabbala: Um Missbrauch der Kräfte zu verhindern, die man in der Beschäftigung mit der Kabbalal erlangen kann, werden Schüler vor ihrer Aufnahme geprüft. Um „Würdige“ von „Unwürdigen“ zu trennen, hat man die Kabbala in eine theoretische (קבלה עיונית qabālā ʕīyūnit) und eine praktische (קבלה מעשית qabālā maʕăśīt) unterteilt, wobei erstere das Lehrsystem darstellt, und letztere magische und mantische Praktiken umfasst, wie Amulettwesen, Loswerfen etc.
Entstehung der hermetischen Kabbala [Bearbeiten]
Im 18./19. Jahrhundert entstand die hermetische Kabbala, eine Strömung mit Wurzeln in der Gnosis, dem Neuplatonismus, der Hermetik[19], sowie der christlichen Kabbala[20], die hierbei von großer Bedeutung war.[21]. Die Hermetische Kabbala entfernte sich jedoch vom Christentum, mitunter bis hin zu einer antichristlichen Ausrichtung.[14] Die hermetische Kabbala nimmt gegenüber der ursprünglichen jüdischen Kabbala einen universelleren Ansatz an[22]
Im 19. und 20. Jahrhundert erschienen mehrere Werke des französischen Okkultisten Éliphas Lévi, der kabbalistische Lehren und die Werke anderer Autoren verfälschte[23][24], während sich Arthur Edward Waite um eine korrekte Darstellung der Kabbala bemühte[25], jedoch nicht des Hebräischen und Aramäischen mächtig war und daher Fehler aus Jean de Paulys verfälschter Zohar-Übersetzung in sein Werk The Secret Doctrine in Israel übernahm[26].