Erst- und Folge-Anamnese in der Bach-Blüten-Therapie Veröffentlicht in Heftarchiv - Heft 01/2012
[Sie müssen registriert oder eingeloggt sein, um das Bild sehen zu können.]Die
Bach-Blüten-Therapie wurde in den 1930er-Jahren vom britischen Arzt Dr.
Edward Bach (1886-1936) begründet. Aufbauend auf den historischen
Wurzeln keltischer Heilkunst fand er in der Landschaft von Wales 38
Pflanzen „höherer Ordnung“, die auf unbewusster Ebene seelische
Selbstheilungskräfte und Harmonisierungsprozesse anstoßen. Nach Bach
entstehen seelische Konflikte, Probleme und Unausgeglichenheit durch
einen grundlegenden Konflikt zwischen der Seele und dem Ich: Wenn der
Mensch seinen tiefen inneren, zum Teil unbewusst erfahrenen Impulsen und
seiner seelischen Aufgabenbestimmung nicht folgt, wenn er z.B. aus
Angst oder falsch verstandenem Sicherheitsbedürfnis an Einstellungen,
Gewohnheiten, Lebenssituationen festhält, die ihn emotional eigentlich
blockieren oder gefühlsmäßig negative Zustände auslösen.
Die Bach-Blüten decken Themen wie Angst, Unsicherheit, Mutlosigkeit,
mangelndes Selbstvertrauen, mangelnde Abgrenzungsfähigkeit,
Überaktivität, Erschöpfungszustände, Überfürsorge für andere Menschen
und mentale Überreizung ab. Verschrieben werden in der Regel
Blüten-Mischungen von bis zu sechs Bach-Blüten, die über kürzere oder
längere Zeiträume eingenommen werden. Sie sollen seelische
Wachstumsprozesse anstoßen. In der Regel kann man Wirkungen in drei
Richtungen feststellen:
1. Der stille Verlauf
In
dessen Folge man zunächst nichts bemerkt (außer subtilen Veränderungen)
und im Laufe dessen sich erst nach zwei bis drei Monaten deutlichere
Wirkungen festmachen lassen.
2. Der positive Verlauf
Zunächst
werden ein spürbar deutlicher, positiver Energieschub und eine
entsprechende Befindlichkeit erfahren, man träumt Schlüsselträume, die
ein Indikator für jetzt anstehende seelische Wachstumsprozesse sind.
Ferner bekommt man von der Umwelt das Feedback einer besonders positiven
Ausstrahlung (z.B. leuchtende Augen etc.). Zwischendurch zeigen sich
immer wieder „Heilkrisen“, wenn alte Gefühle noch einmal hochkommen.
Hier geht es darum, dass diese Themen hierdurch bearbeitet werden in
Richtung eines positiven Transformationsprozesses.
3. Der „negative“ Verlauf
Hier
kommen alte Problemthemen und emotional belastende Gefühle noch einmal
hoch, es geht dem Betroffenen zunächst schlechter. Langsam und
schrittweise arbeitet es dann im Inneren hin zu einer gefühlsmäßig
positiveren Befindlichkeit.
Im Folgenden möchte ich auf den Verlauf und Besonderheiten des Erstanamnese-Gesprächs in der Bach-Blüten-Therapie eingehen:
Ähnlich der homöopathischen Erstanamnese baut es sich zunächst aus folgenden Elementen auf:
1. Spontanbericht
Der
Patient berichtet zunächst spontan von seinen gefühlsmäßigen und ggf.
auch körperlichen Beschwerden, ohne vom Behandler wesentlich
unterbrochen zu werden. Dies dient der Sammlung möglichst vieler
Informationen über den Patienten, unbeeinflusst von Meinung und Wertung
des Therapeuten. Der Therapeut hat lediglich die Aufgabe, das Gespräch
zu strukturieren (z.B. bei häufigem Springen des Patienten zwischen
verschiedenen Themen, übermäßigem Monologisieren, zu starken
Verallgemeinerungen, zu starker Konzentration auf die Handlungen anderer
Menschen anstelle der eigenen Gefühle, zu schleppendem Gespräch). Der
Therapeut stellt lediglich Informations- und Verständnisfragen, zeigt
Empathie und Mitgefühl gegenüber den Erlebnissen und Gefühlen des
Patienten. Allenfalls spiegelt er die Gefühle des Patienten in
erweiterter Form wider.
2. Gelenkte Befragung
Hier
geht es darum, den gefühlsmäßigen Themen des Patienten in
strukturierterer Form auf dem Hintergrund der einzusetzenden Bach-Blüten
nachzugehen. In der Regel haben sich bis dahin für den Therapeuten
Konturen gezeigt, welche Blüten in Betracht kommen. Hier werden nunmehr
erste Abgrenzungen zwischen in Frage kommenden Bach-Blüten getroffen und
es wird mehr Klarheit über die emotionale Befindlichkeit des Patienten
erlangt.
Im gesamten Anamnese-Gespräch kommen folgende Gesprächsmethoden zum Einsatz:
Die personenzentrierte Gesprächs-Psychotherapie [Sie müssen registriert oder eingeloggt sein, um das Bild sehen zu können.]
Sie
wurde Anfang der 1940er-Jahre in den USA von Carl Rogers begründet.
Rogers ging davon aus, dass „Menschen, denen die Möglichkeit gegeben
wird, wahrhaft zu werden, was sie zutiefst sind, wenn sie die Freiheit
haben, ihre eigentliche Natur zu entfalten, immer eine deutliche
Entwicklung auf Ganzheit und Integration durchmachen“ (1).
Personenzentrierte Gesprächs-Psychotherapie besteht aus folgenden Merkmalen:
1. Empathie
Einfühlsames
Verstehen der Aussagen und des inneren Bezugssystems des Klienten. Der
Therapeut versetzt sich so in die Gefühle des Klienten hinein, als ob es
seine eigenen wären, wahrt aber zugleich innerlich die Grenze zwischen
dem Erleben des Klienten und seinen eigenen Empfindungen. Ferner soll er
sich auf das Wesentliche in den Aussagen des Klienten konzentrieren, er
soll dabei „mit den Augen des Klienten sehen“.
2. Bedingungsfreies Akzeptieren und positive Wertschätzung
Der
Therapeut knüpft seine Zuwendung an den Klienten nicht an Bedingungen,
er nimmt ihn mit seinen Problemen vorbehaltlos und ohne Einschränkungen
an. Dies bedeutet, dass der Therapeut sich in folgenden
Verhaltensäußerungen zurücknimmt:
Moralisieren, d.h. moralische Bewertung und Einstufung des Verhaltens des Klienten,
Examinieren, d.h. Belehren des Klienten aus übergeordneter Warte,
Dirigieren, d.h. den Klienten in eine bestimmte Richtung drängen,
zusätzlich beim Traum: subjektives Interpretieren; dies drängt dem
Patienten eine Sichtweise auf, die nicht seinen unbewussten Vorgängen
entspricht.
Des Weiteren ist auch die Wertschätzung des Bezugssystems des
Klienten durch den Therapeuten wesentlich, auch wenn es nicht sein
eigenes ist bzw. erheblich hiervon differiert.
3. Echtheit und Kongruenz des Therapeuten Der
Therapeut soll dem Klienten authentisch gegenübertreten, ohne sich
hinter einer Maske oder Fassade zu verstecken: „Das Innere des Beraters
soll mit dem übereinstimmen und deckungsgleich sein, was er äußerlich
sagt, tut und ausdrückt“ (2). Der Therapeut spielt somit keine Rolle
vor, er tritt dem Klienten als Person mit ihren eigenen Konturen
gegenüber. Unter gewissen Umständen ist er zu bedingter Selbstöffnung
und Selbsteinbringung bereit, soweit sie dem Nutzen des Therapieverlaufs
dient. „Die abgrenzende Bedingung liegt aber auch darin, dass nicht
‘der Therapeut den Klienten mit all seinen Problemen oder Empfindungen
belasten soll‘ (Rogers: Die Kraft des Guten, München 1977, S. 32). Seine
Selbstmitteilungen sollen in erster Linie dem Selbstentfaltungsprozess
des Klienten dienen“ (3).
4. Verbalisierung emotionaler Erlebnisinhalte
Der
Therapeut soll dem Klienten die von ihm ausgedrückten Gefühle in
erweiterter Form spiegeln. Dies sind sowohl die Botschaften, die in
seinen Worten stecken, wie auch jene ungeschriebenen
Verhaltensäußerungen, die „zwischen den Zeilen“ in Stimmlage, Kraft der
Stimme, Mimik, Gestik und Körpersprache zum Ausdruck kommen.
Das Modell der Meta-Kommunikation aus dem NLP
beschäftigt
sich damit, wie Sprache, innere Bilder und subjektive Vorstellungen in
der Realität repräsentiert und wie die Hintergründe sprachlich
ausgedrückter Inhalte ermittelt werden können. Vor allem geht es um die
Einschränkungen der Denk- und Handlungsfreiheit durch bestimmte
sprachliche Muster, die ganz allgemein als Verzerrungen der Wirklichkeit
bezeichnet werden können.
Für die psychotherapeutische Arbeit ist vor allem der eingeschränkte Ausdruck der Sprache des Klienten wesentlich, also:
- Verallgemeinerungen
- Tilgungen
- Bedeutungsverzerrungen
Typische Fragen des Meta-Modells sind:
- Wer genau?
- Was genau?
- Wie genau?
- Mit wem genau?
- Wann genau?
- Worüber genau?
- Wodurch genau?
- Was würde passieren, wenn du es tätest/ nicht tätest?
- Was passiert genau bevor?
- Im Vergleich wozu?
- In Bezug worauf?
Zum Abschluss des Gesprächs erhält der Patient einen Fragebogen (in
der Regel aus „Mechthild Scheffer: Erfahrungen mit der
Bach-Blüten-Therapie“) (4), den er bis zur zweiten Sitzung bearbeitet.
Hier geht es noch einmal um die genauere Präzisierung gefühlsmäßiger
Befindlichkeiten.
Im zweiten Gespräch, das ca. eine Woche nach dem Erstgespräch
stattfindet, geht es um die genauere Abgrenzung der einzelnen
Bach-Blüten. Der Behandler hat die mündlichen Angaben des Patienten mit
dem Fragebogen verglichen, wobei er nunmehr Prioritäten ausgewertet hat.
Der Patient hat nämlich in der ersten Sitzung die Anweisung erhalten,
die Fragen nicht mit „Ja“/„Nein“, sondern mit einer Skala von 5, sehr
stark bis 1, sehr gering zu bewerten. Dies hat den Hintergrund, dass aus
„Ja“/„Nein“-Antworten oftmals keine klaren Prioritäten der wichtigsten
Blüten erkennbar sind. Der Behandler wertet in der Regel die mit 5 oder 4
(manchmal auch die mit 3) bewerteten Antworten aus und ordnet nun nach
den in Frage kommenden Bach-Blüten-Schienen (5). Aufgrund der Erfahrung,
dass Fragen in einem Fragebogen zuweilen anders verstanden werden, als
sie gemeint sind, und hieraus eine Verzerrung des Bildes der benötigten
Bach-Blüten resultiert, wird noch einmal gefragt, mit welchen
Situationen der Patient die Beantwortung einer Frage verbunden hat. Sagt
er z.B. zur Bewertung der Aussage „Ich mache mir Sorgen um einen mir
nahestehenden Menschen“ oder „Ich sorge mich darüber, dass Person X
sauer auf mich ist“, ist mit Sicherheit nicht die hier angesprochene
Blüte 25 (Red Chestnut: Überfürsorge für andere Menschen, mentales
Gedankenkreisen um die Beeinträchtigung des Wohlbefindens des anderen)
gemeint, sondern die Blüte 24 (Pine: Schuldgefühle, schlechtes
Gewissen).
[Sie müssen registriert oder eingeloggt sein, um das Bild sehen zu können.]Danach
werden die innerhalb einer Schiene in Frage kommenden Blüten durch
gezielte Fragen abgegrenzt (Merke: Nach Krämer soll nur eine Blüte pro
Schiene verordnet werden, weil es sonst zu einer deutlichen
Wirkungsverstärkung kommt), und am Schluss werden die zur Wahl stehenden
Blüten noch einmal kinesiologisch ausgetestet. Der Patient erhält neben
der Verschreibung die Aufgabe, ein emotionales Tagebuch und ein
Traumtagebuch – zumindest in Stichworten – zu führen.
Im Folgegespräch, das nach ca. vier bis sechs Wochen stattfindet,
geht es um die emotionalen Veränderungen und die hochkommenden Gefühle
des Patienten. Allein das Gespräch über diese wichtigen Themen bringt
dem Patienten einen geistigen Lernprozess, oft ergeben sich auch für
alltagspraktische Situationen, die mit einem tieferen gefühlsmäßigen
Thema zusammenhängen, erste Lösungsmöglichkeiten. Andererseits geht es
darum, herauszufinden, ob die in der Erstverschreibung verordnete
Mischung noch weiter in der vorliegenden Form eingenommen werden soll:
Braucht der Patient die eine oder andere Blüte nicht mehr, müssen neue
Blüten hinzukommen oder eine oder mehrere ersetzt werden.
Die Dauer der Bach-Blüten-Behandlung ist recht unterschiedlich. Ein
normaler Krisenzyklus, der im Abstand von ca. sechs Jahren auftritt (als
Übergang zur nächsten Lebensphase und Entwicklungsaufgabe, es geht
somit um eine Neufindung) und mit einem Gefühl von Abschied von
Vergangenem, Leere und Neuorientierung verbunden ist, dauert ca. 8 bis
18 Monate. Es hängt von der Stärke und Bereitschaft des Patienten ab,
sich auf tiefere Veränderungsprozesse einzulassen, wie weit er über
einen längeren Zeitraum die Bach-Blüten- Behandlung in Anspruch nimmt.
Dies kann zwei, drei Monate oder auch 1 ½ Jahre dauern.
Andere Diagnosemöglichkeiten der Bach-Blüten, wie sie in den
internationalen Kompendien gleichberechtigt neben der Gesprächsanamnese
dargestellt werden, sind das intuitive Herausgreifen der
Blüten-Fläschchen, Farbkarten, Arbeit mit Pendel oder Biotensor,
ausschließlich kinesiologischer Muskeltest.
Fazit
Der
Gesprächsanamnese zur Ermittlung der Bach-Blüten gebe ich deshalb den
Vorzug, weil der Patient mit dem Bedürfnis in die Praxis kommt, dass der
Behandler sich Zeit für ihn nimmt, ihm zuhört und ihn in seinen
Gefühlen versteht. Des Weiteren macht der Patient allein durch das
Schildern seiner gefühlsmäßigen Situation einen geistigen Lernprozess
durch. Zusätzlich sprechen die Bach-Blüten auf unbewusster Ebene nicht
nur Gefühle an, sondern regen die Harmonisierung unangenehmer
Gefühlszustände an.
Quelle: Paracelsus magazin